Die zwei Architekturbüros Hofbauer, Liebmann, Wimmesberger und X Architekten entwickelten gemeinsam die 8.300 Quadratmeter große KTM Motohall samt Veranstaltungssaal, Schauwerkstatt, Stadthaus und Tiefgarage für den erfolgreichen Innviertler Motorradhersteller KTM. Am 11. Mai wurde feierlich eröffnet.
Wussten Sie, dass die jedermann bekannte Marke KTM die Abkürzung für „Kronreif, Trunkenpolz, Mattighofen“ steht? 1934 gründete Hans Trunkenpolz im oberösterreichischen Mattighofen eine Schlosserei und drei Jahre später den Handel mit DKW-Motorrädern. Bald war man eine der bedeutendsten Auto- und Motorradwerkstätten in Oberösterreich.
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Im Jahr 1951 beginnt das Unternehmen mit der Entwicklung eines eigenen Motorrads, zwei Jahre später geht die KTM R 100 in Serie, und die Firma steigt umgehend und erfolgreich in den Rennsport ein. Ihre Fahrer heimsen WM-Titel ein und werden zu Legenden wie Heinz Kinigadner und Trampas Parker. Doch 1991 muss die KTM Motorfahrzeugbau AG Konkurs anmelden, wird vom damals 35-jährigen Stefan Pierer, Absolvent der Montanuniversität Leoben, aufgekauft und startet ein Jahr später als neu formierte KTM Motorradsparte unter dem Namen KTM Sportmotorcycle GmbH abermals durch. 1999 bezieht das Unternehmen sein neues Werk in Mattighofen. Ab nun dominieren die Oberösterreicher die Rallye Paris Dakar mit dem heute weltbekannten Slogan „Ready to Race“. KTM-CEO Stefan Pierer wollte sich jetzt bei den Mattighofenern bedanken und stellte ein Budget von bisher rund 35 Millionen Euro für den Bau der neuen Erlebniswelt zur Verfügung, „die zu einem Zentrum für alle Motorradfreaks werden, jedoch auch die Firmengeschichte aufarbeiten, archivieren und dokumentieren soll“, wie Ausstellungsdirektorin Kristina Kuttruf betont.
Das Projekt ist ein Gewinn für die 6.500 Einwohner zählende Kleinstadt Mattighofen im oberösterreichischen Innviertel. Auf dem zentral gelegenen Grundstück, an der das Zentrum durchschneidenden Bundesstraße 147 stand früher, sehr unglücklich und die Stadteinfahrt beengend, ein Haus. Grund und Haus wurde angekauft, das Haus abgerissen und der nun geschaffene zentrale Platz vor dem Museum zu einem öffentlichen Raum gemacht, er erweitert nun den Stadtplatz von Mattighofen. Zusätzlich zum eigentlichen Museum wurde in 20 Meter Entfernung ein Stadthaus errichtet, das ein großzügiges Restaurant, die „Garage“, beherbergt und das mit einem Gastgarten den Platz beleben soll. Unter dem Platz wurde eine Tiefgarage für 130 Fahrzeuge und unweit davon ein weiterer Parkplatz für Motorräder gebaut. „Ganz bewusst“, so Architekt Max Nirnberger, „fügt sich das elliptische Museumsgebäude in die Stadtstruktur, vorne öffnet es sich zum urbanen Raum und rückwärts zu den Feldern. Jede hermetische Abgeschlossenheit wollten wir vermeiden. Selbst wenn die Motohall geschlossen ist, lädt sie dazu ein, sie auf der sie außen spiralförmig umwickelnden Rampe zu umgehen und die Aussicht auf die dahinter liegenden Felder zu betrachten“.
Das Thema Dynamik, das die 84 x 37 Meter große Ellipse außen widerspiegelt, setzt sich im Inneren fort. Die Grundidee fußt auf dem Versuch, die hinter der Marke stehenden motorspezifischen Themen Dynamik, Rennstrecke, Geschwindigkeit, Motocross und Bewegung in ein offenes Raumkonzept umzusetzen. Ein Ausstellungsparcours führt vom Eingangsbereich mit Kassa und der Snackbar „Pit Box“ mittels einer gebauten Steilkurve, bestückt mit 70 Street- und Offroadbikes, die drei Ausstellungsebenen hoch, die jeweils um vier Grad geneigt sind. Das Ausstellungskonzept stammt übrigens von den Szenografie-Experten „Atelier Brückner“ aus Stuttgart, die auch das BMW Museum in München und das ägyptische Museum in Kairo gestaltet haben. Der Besucher braucht zum Durchwandern keine Lifte und Stiegen. Barrierefreiheit war KTM ein wichtiges Thema. Man beschäftigt viele Mitarbeiter, die aufgrund von Motorradunfällen Einschränkungen haben. Der Ausstellungsrundgang durch das ineinander verwobene Kontinuum von gekippten Ebenen, Lufträumen und Serviceeinheiten mündet auf der obersten Ebene in einen großen multimedialen Ausstellungsraum, mittlerweile als Show mit einer 360-Grad-Video-Installation und den lebensgroßen Modellen der 28 Motorrad-Champions gestaltet.
Ergänzt werden die 2.700 Quadratmeter Ausstellungsfläche durch Büros, Seminarräume, eine Schauwerkstatt mit 230 Quadratmetern, ein Innovationslab mit 320 Quadratmetern, in dem Kinder ab sechs Jahren neue Technologien, wie Virtual Reality, 3D-Drucker und Laser, erproben dürfen (ein Konzept in Kooperation mit der Ars Electronica) sowie einen 405 Quadratmeter großen multifunktionalen Veranstaltungssaal für 400 Personen, der technisch mit den höchsten Standards und akustischen Bedingungen ausgestattet ist. Er soll auch vermietet und von örtlichen Vereinen genutzt werden können. Und er ist durch eine Schiebewand teilbar und verfügt nebst Sound- und Lichtanlage über eine Hebebühne und verschiedene Sitz- und Bühnenkonstruktionen.
Die tragenden Strukturen, wie Außenwände, Decken und Fußböden, sind aus hochwertigem Stahl- und Sichtbeton. Beton und Metall als Materialien schienen den Architekten zum Thema Motocross, Straßen, Felsen, Steinen passend. Die Fußböden sind aus in Terrazzo-Optik geschliffenem und versiegeltem Beton. In den Beton eingelassen befinden sich auch Flachkanäle für die Lüftungsleitungen. Die das Auge dominierende Außenhaut, die in einigem Abstand aufgehängte Metall-Umwickelung, besteht aus eloxierten Aluminiumplatten mit gelaserter, eingefräster Struktur. Die leichtfüßige Stahlbau-Konstruktion wurde mit Peter Resch vom Werkraum Wien entwickelt. Diese spiegelt und abstrahiert den Abdruck, den ein Stollenreifen auf dem Boden hinterlässt, wider. Ausgeklappte Perforationen im Metall erzeugen zusätzlich Dreidimensionalität. Und gleichzeitig wird das Thema Dynamik und Bewegung fortgeführt, indem sich das Spiel von Licht und Schatten auf der dahinterliegenden Wand quasi als wandernde Lichtprojektion in stetiger Bewegung befindet. Für den Besucher bewegt sich optisch die Fassade und schafft wechselnde Perspektiven.
Zwischen den verkippten Ebenen befinden sich offene durchblickbare Lufträume und dazwischen eingepasst sind die vertikalen Tragstrukturen, Kerne, die ebenso mit den strukturierten Metallplatten und mit Schallschutzpaneelen für die verbesserte Akustik verkleidet sind. Innerhalb der Kerne sind die Infrastrukturen versteckt. Die Ebenen sind auf diesen Kernen, den Pylonen, aufgespannt. Lediglich in der mittleren Ebene gibt es eine abgehängte Stahlbetonstruktur, eigentlich ein riesiges Betonfachwerk mit einem Querträger am Dach, an dem diese mittlere Ebene aufgrund der übergroßen Spannweite hängt.
Die Planer versuchten mit energiesparender Haustechnik auszukommen. So wird der Beton als Speichermasse mittels thermischer Bauteilaktivierung genutzt. Ergänzt wird an der Glasfassade mit Bodenkonvektoren und Fußbodenheizung. Zur Kühlung und aus ökologischen Gründen wird das Grundwasser mittels Wärmetauscher genutzt. Das gesamte Gebäude ist wegen der großen Brandabschnitte durchgehend mit einer Sprinkleranlage versehen. Die Sprinkler sind kaum sichtbar in die Betonteile eingegossen.
Wie Direktorin Kristina Kutruff betont, will man mit dem Projekt, das bewusst nicht Museum, sondern KTM Motohall genannt wird, die Marke KTM für einen erweiterten Besucherkreis erlebbar machen. Das 3/3 Konzept sieht gleichwertig neben dem musealen Aspekt, die Aufarbeitung und Archivierung der Firmengeschichte, die Entwicklung der Marke sowie die Innovation und Dynamik der Technik. Die permanente Ausstellung möchte man in Zukunft durch Wechselausstellungen ergänzen. Man hofft im ersten Jahr auf 60.000 Besucher und die Stadt auf eine Belebung des Fremdenverkehrs sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
www.ktm-motohall.com(link is external)
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