Eine objektive Sammlungstätigkeit gibt es nicht
KOMMENTAR DER ANDEREN | BRIGITTE GROIHOFER
28. März 2014, 19:01
Das Sammlerpaar Essl hat eigenes Vermögen investiert, eigenes Herzblut und dazu noch einen professionellen Beraterstab eingesetzt
Warum Frau Schurian so vehement die „Subjektivität“ der Sammlung Essl anprangert, diese würde den Geschmack des Sammlerehepaares widerspiegeln und sei daher schlecht, kann ich nicht nachvollziehen. Denn das würde im Gegenzug bedeuten, die Sammlungen der Museen würden nach objektiven Sammlungskriterien, quasi über Generationen weitsichtig und strategisch geplant zusammenkommen. Das stimmt nicht. Diese spiegeln genauso subjektiv die persönlichen Vorlieben und Netzwerke ihrer temporären Direktoren oder Sammler, in der Vergangenheit Fürsten, Königen usw. Schauen Sie sich nur die Ankäufe verschiedener Museumsdirektoren und -direktorinnen an, wie jene von Peter Noever, Dieter Ronte, Klaus Albrecht Schröder oder Agnes Husslein, und sagen Sie mir, wer von ihnen qualifiziert wäre, eine „objektive“ Sammlung aufzubauen.
Das Sammlerpaar Essl hat immerhin eigenes Vermögen investiert, eigenes Herzblut und dazu noch einen professionellen Beraterstab eingesetzt. Denken Sie nur an die kritischen Stimmen zur zweifelhaften „Sammlung Batliner“ in der Albertina, zum „eigenwilligen“ Geschmack von Karola Kraus, an die Kritik an den Ankäufen Lóránd Hegyis seinerzeit, an die umstrittene Sammlung Ludwig usw. À la longue ist es egal, über welche Sammlungen der Republik und den nachfolgenden Generationen Kulturgut erhalten bleibt. Die Neidattacken und Verunglimpfungen, die nun aus allen möglichen Ecken zu hören sind, würde ich an der Stelle von Kulturminister Josef Ostermayer ignorieren. Außerdem: Objektive Sammlungstätigkeit gibt es nicht, hat es nie gegeben.
Brigitte Groihofer, DER STANDARD, 29./30.3.2014
Brigitte Groihofer ist Publizistin und Kunsthistorikerin in Wien.
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